Die drei Solisten des Trios spielen bereits seit 15 Jahren zusammen. Nun stellen sie mit dem renommierten norwegischen DET NORSKE KAMMERORKESTER eine Welt vor voll mit Kontrasten und Variationsreichtum. Die Abstecher in die russische und norwegische Folklore sind dazu mit einem gewaltigen “Sense Of Humor” veredelt worden. Töne kommen von überall hergeflogen. Was sich zu Beginnbeim ersten oberflächlichen Hören als dissonant erweist, verwandelt sich beim konzentrierten Hörgang in eine wunderbare musikalische Erzählung - leidenschaftlich in Szene gesetzt von exzellenten Musikern.
“1 1/2 Hour After Her Wedding” - < Im Booklet steht: Morgen. Ruhe. Die Gäste machen sich fertig, nach hause zu gehen. > Violinen beginnen den Song getragen, dem Zuhörer wird das audiovisuelle Gefühl eines tristen, vernebelten noch grauen Morgens suggeriert, nur die Klarinette von Sergey Starostin bringt den ersten Sonnenstrahl. Dann bewegen sich plötzlich die Streicher mit einem kurzen beschwingten Intermezzo: < Zitat Booklet: Für einen Moment verliert sich der Schwiegervater in Melancholie. Plötzlich reagiert er verärgert, weil er das hässliche Gesicht der jungen Braut so deutlich vor sich sieht. > Piano und Orchester nehmen dramaturgisch Fahrt auf und SERGEY STAROSTIN singt “scattige” Töne zu düsteren messerscharfen Klängen, die in schneller Abwechslung zwischen ruhigeren und lauteren Passagen wechseln.
Der Zuhörer befindet sich in einem Kammermusik-Theater-Thriller wieder. Misha Alperin spielt offbeat-off-tone-Pianoschleifen und verstärkt den Alptraum perkussiv bis zum Crescendo - die Hochzeitsgäste sind aufgeregt, alles diskutiert wild und schnattert unkontrolliert durcheinander, bis Sergey singt, dass es ihm eigentlich egal sein kann, wie die Braut aussieht. Die Stimmung beruhigt sich wieder, und Misha Alperin macht sich auf die Suche nach einem im Wald verloren gegangenen Gast.
Wie in der Eröffnungsszene bleibt die Musik während der gesamten CD spannend und lebhaft. Hat sich der Zuhörer auf ein Thema festgelegt, sind die Protagonisten bereits ganz wo anders. Durch ihre Vitalität wirken die Ausflüge der Musizierenden zu keiner Zeit statisch, experimentelle Töne wie die Schellen am wegfahrenden Schlitten sind nur ein wohliger Teil des Ganzen.
“Introduction & Wine Variations” beginnt neckisch und wirkt fast wie die Untermalung zu einem Disney-Comic. < Doesn’t need any explanation. heisst es im Booklet.> Doch meiner Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Weinflaschen unterhalten sich miteinander. Volle Weinflaschen, halbvolle und auch diejenigen mit nur einem kleinen Rest, der nicht getrunken wurde, lassen sich heftigst aus über die Hochzeitsgäste. Aber auch Korkenzieher und Utensilien mischen sich ein in die angeregte Diskussion. Die Violinen schneiden aggressiv - die Auseinandersetzung wird immer intensiver. Der Zuhörer kann sich in die Unterhaltung hineinversetzen.
Nach knapp 5 Minuten stürmt der aufgeregte Gastgeber das unaufgeräumte Zimmer und ruft herrisch, dass sich doch jemand endlich dazu herablassen möchte, die Flaschen weg zu räumen. Orchester und Trio steigern sich in einen Rausch, der am Ende wieder den immer noch da stehenden Flaschen (die sich sinnbildlich den Schweiss vom Flaschenhals wischen) das Feld überlässt.
“Dance Of The Yellow Farm” beginnt etüdenhaft, aber nach knapp zwei Minuten kommen auch minimal leichte Jazz-und-Latin-Jazz-Nuancen ins Spiel, die dem Klassikcharakter des Stücks aber nicht entgegenwirken. Ein wunderbar leicht- flockiges Piano-Spiel gibt dem thematisch folgenden und sich zunächst dramaturgisch zurückhaltendem Kammer-Orchester die Richtung vor. Toll, wie sich Sergey Starostin scat-vokalistisch mit den Violinen- und Trompetenlinien duelliert..
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